Welchen Arzt bei zu starkem Schwitzen?

Sascha Ballweg

Die richtige Arztwahl kann für die erfolgreiche Therapie einer Hyperhidrose ausschlaggebend sein. Das Problem dabei: Die meisten Betroffenen wissen überhaupt nicht, dass sie an einer Krankheit leiden, deshalb besteht auch gar nicht erst der Wunsch, einen Arzt um Rat zu fragen. "Schwitzen ist gesund und ich schwitze halt besonders stark" denken viele, und geben sich ihrem Schicksal ab. Auch von zu vielen Ärzten hört man noch die Floskel, dass Schwitzen doch gesund und deshalb normal sei.

Untersuchungen haben gezeigt, dass Jahre oder Jahrzehnte vergehen, bevor Hyperhidrotiker ärztliche Hilfe aufsuchen. Eine Umfrage unter US-amerikanischen Hautärzten hat ergeben: durchschnittlich wird in der Arztpraxis das Problem des übermäßigen Schwitzens erst im Alter von 25 bis 35 Jahren angesprochen. Da eine generalisierte Hyperhidrose erstmals zu Beginn der Pubertät als störend wahrgenommen wird (eine fokale Hyperhidrosis sogar schon im Kindesalter) vergehen mindestens 10 Jahre, in denen sich die Betroffenen mit ihrem Problem herumgequält haben. Das größte Problem dabei: in der pubertären und spätpubertären Phase werden die sozialen Konflikte (z.B. Ausgrenzung durch andere; Abgrenzung von anderen) durch die Hyperhidrose als besonders belastend wahrgenommen, in Folge können sich in dieser Zeit soziale Phobien oder andere psychologische Leiden entwickeln. Diese können später das krankhafte Schwitzen weiter steigern. In solchen Fällen ist zusätzlich eine psychologische Betreuung nötig.

Junge Hyperhidrotiker oder Jugendliche, die feststellen, dass sie stärker als andere schwitzen, sollten frühzeitig einen Arzt aufsuchen. Eltern, die bei ihren Kindern übermäßiges Schwitzen ab dem Kindergartenalter beobachten, sollten ebenfalls einen Arzt konsultieren, dies auch um eine sekundäre Hyperhidrosis, deren Ursache eine verborgene Primärerkrankung ist, auszuschließen. Schwitzen im Babyalter (insbesonders schwitzige Fußsohlen und Hände) ist dagegen in den meisten Fällen nur ein temporäres Problem, das spätestens mit Erreichen des Vorschulalters von selbst nachlassen sollte.

Richtiges Vorgehen bei der Suche nach ärztliche Hilfe:

  1. im Internet über Hyperhidrose informieren, z.B. bei www.hyperhidrosehilfe.de
  2. das Schwitzen mit rezeptfreien Mitteln, z.B. guten Antitranspirantien lindern
  3. vor einem Arztbesuch das eigene Schwitzen bewerten: wo, wie stark und wann schwitze ich?
  4. Termin beim vertrauten Hausarzt machen und die eigene Situation ohne Scham schildern
  5. Überweisung zu einem Hautarzt (Dermatologen) besorgen
  6. Termin beim Hautarzt vereinbaren und dort das Schwitzen nochmals exakt schildern
  7. im Internet über die vom Hautarzt empfohlenen/verschriebenen Therapien informieren!
  8. ggf. ärztliche Zweitmeinung einholen!

Was geschieht beim Arzt und was für Fragen wird er stellen?

Schon bei dem ersten Arztbesuch (Hausarzt) sollte das Problem in seiner gesamten Dimension geschildert werden. Wichtig ist, darzustellen, wie sehr unter dem starken Schwitzen gelitten wird und welche Ausmaße es erreicht. Lassen Sie sich nicht mit gewohnten Phrasen wie "Keine Sorge: Schwitzen ist gesund!" abspeisen. Fordern Sie eine Überweisung zu den Ärzten ein, die für Hyperhidrose zuständig sind: Dermatologen.

Checkliste: Fragen und Antworten beim Hausarzt und Hautarzt:

  • wo schwitze ich? An bestimmten Stellen oder eher am gesamten Körper?
  • wann tritt das Schwitzen auf, z.B. nur am Tag oder nur nachts?
  • tritt das Schwitzen auch bei Kälte auf, z.B. im Winter?
  • tritt das Schwitzen auch ohne körperliche Anstrengung auf?
  • wie stark schwitze ich? (z.B. große Schweißflecken; nasse Hände etc.)
  • wie stark ist der Leidensdruck durch das Schwitzen?
  • wie beeinflusst das Schwitzen den Alltag? (z.B. Hänseleien in der Schule; Getuschel im Büro, Mobbing)
  • werden gesellschaftliche Kontakte bereits gemieden (z.B. Absage bei Einladungen, Hemmungen Hände zu schütteln o.ä.)
  • liegen bekannte Grunderkrankungen vor? (z.B. Herzerkrankung; Schilddrüsendysfunktion)
  • wurden schon Hausmittel oder rezeptfreie Präparate probiert? Wenn ja welche, mit welchem Wirkstoff?
  • tritt starker Schweißgeruch auf?

Diese Fragen sollten bereits vor dem Arztbesuch ehrlich beantwortet, und die Antworten am besten schriftlich notiert werden. Dem Arzt helfen diese Aussagen, das Problem besser beurteilen zu können.

Checkliste: Was sollte der Hausarzt bei dem Termin unternehmen?

  • sich Zeit nehmen und sich die Problemschilderung in Ruhe anhören
  • das Problem "starkes Schwitzen" ernst nehmen!
  • Blutbild prüfen (separater Termin), um innere Krankheiten auszuschließen
  • generelle körperliche und gesundheitliche Untersuchung
  • Fragen nach speziellen Lebensumständen stellen (z.B. Stress; Ernährung, Konsum)
  • Überweisung für den Dermatologen ausstellen

Checkliste: Was sollte der Hautarzt (Dermatologe) bei dem Termin unternehmen?

  • sich Zeit nehmen und sich die Problemschilderung in Ruhe anhören
  • das Problem "starkes Schwitzen" ernst nehmen!
  • Fragen nach speziellen Lebensumständen stellen (z.B. Stress; Ernährung, Konsum)
  • die Stärke des Schwitzens bestimmen (Gravimetrietest)
  • den Ort des Schwitzens bestimmen (ggf. Jod-Stärke-Test)
  • Therapien nur Schritt für Schritt verordnen
  • einzelne Therapiemöglichkeiten ausführlich erläutern
  • mögliche Risiken und Nebenwirkungen der Therapien benennen
  • Erfolgschancen realistisch vermitteln (keine Versprechungen)
  • ggf. Überweisung für eine ➝ psychologische Betreuung

Wie funktioniert der Gravimetrietest?
Durch Gravimetrie (Gewichtsmessung) kann das Ausmaß der Schweißsekretion, d.h. die Schweißmenge, welche innerhalb einer festgelegten Zeit austritt, festgestellt werden. Es wird ein kleines Löschblatt von definierter Grösse eine festgelegte Zeit z.B. in die Achselhöhle gelegt. Der Gewichtsunterschied durch den aufgenommenen Schweiß ist ein Maß für die Schweißsekretion. Er wird mittels einer sehr feinen Waage gemessen. Bei einer Schweißsekretion von mehr als "100 mg Schweiß in 5 Minuten" handelt es sich laut medizinischer Definition der WHO um krankhaftes Schwitzen = Hyperhidrose. Der Gravimetrietest ist selbstverständlich völlig schmerzfrei und nimmt nicht viel Zeit in Anspruch!

Wie funktioniert der Jod-Stärke-Test?
Bei Bedarf kann der Ort der vermehrten Schweißsekretion (örtlich begrenzte, d.h. fokale Hyperhidrose) mit dem Jod-Stärke-Test (auch Minor-Test) festgestellt werden. Dazu wird Lugolsche Lösung (Jodlösung) auf die zu untersuchende Körperegion aufgetragen. Sobald die Lösung angetrockend ist, wird Stärkemehl auf die fragliche Körperregion aufgestreut. An den Stellen vermehrter Schweißsekretion wird das Stärkemehl angefeuchtet und färbt sich durch die aufgebrachte Jodlösung bräunlich-schwarz. Da die betroffenen Körperregionen vom Patienten meistens gut umschrieben werden können, ist der Teset nur in unklaren Fällen notwendig. Der Gravimetrietest ist ebenfalls völlig schmerzfrei!

Freie Arztwahl!

Sie haben die Wahl! Sollten Sie sich bei den Terminen nicht ernst genommen fühlen oder die oben beschriebenen Punkte nicht ausreichend berücksichtigt werden, so ist ein Arztwechsel anzuraten. Viele Hyperhidrotiker haben erst mehrere Ärzte konsultieren müssen, bevor ihnen angemessen geholfen wurde.


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