Zeitschiene zur Historie von Antitranspiranten

Sascha Ballweg
  • 3000 bis 600 v. Chr. _ China

    Im alten China wird Alaunschiefer (Kaliumaluminiumsulfat) wegen seiner antiseptischen, blutstillenden und adstringierenden Wirkung für medizinisch-hygienische Zwecke eingesetzt.

  • 3000 bis 400 v. Chr. _ Ägypten

    In Ägypten wird Tschermigit (Ammonmalaun) als Flammschutzmittel für Holz und zur Trocknung dessen verwendet. So bleibt Alaun als stark adstringierende Substanz über Jahrhunderte in Erinnerung. Eine Verwendung im Bereich der Körperhygiene ist nicht überliefert. Im alten Ägypten wird jedoch schon seit jeher eine ritualisierte Badetradition und die Verwendung ätherischer Öle für das körperliche Wohlbefinden gepflegt.

    60 n. Chr. _ Römisches Reich

    Plinius der Ältere berichtet in seinem berühmten Buch Naturalis Historia (dt. "Naturgeschichte") über den Einsatz von Alaun als Antitranspirant: "er [der Alaun] entfernt den Gestank unter den Achseln sowie auch den Schweiß."

  • 900 n. Chr. _ Arabisches Reich · Emirat von Córdoba

    In al-Andalus, dem damalig arabischen Spanien, "erfindet" Ziryab (Abul-Hasan Alí ibn Nafi) das Deodorant als "Hygieneartikel". In Córdoba richtet Ziryab sozusagen den ersten bekannten "Beauty Salon" ein, wo er (den Damen) auch eine Art "Deodorant" verabreichen lässt, das im Gegensatz zu den vorher bekannten (vermutlich Alaunschiefer) keine Rückstände hinterlässt. Anmerkung: Ziryab hat die europäische Welt in kultureller Hinsicht sehr geprängt. Dem Meister der Kunst feinsten Lebensgenusses und Trendsetter in Mode- und Essensfragen verdankt auch die heutige westliche Gesellschaft viele ihrer guten Sitten.
  • 14. bis 16. Jahrhundert _ Italien
    Die Produktion sowie Vertrieb, Import und Export von Alaun sind zu dieser Zeit durch den Vatikan monopolisiert. Das Mineral ist wichtig für die Tuchherstellung und dementsprechend wertvoll. Die Florentiner Familie der Medici besitzt das alleinige Vergütungsrecht. Sie betreiben zusammen mit der Kirche das erste europäische Alaunwerk in Tolfa (Italien). Gegen 1510 bricht das päpstliche Monopol zusammen, als sich die Herstellung von "unchristlichem Alaun" durch "Verhüttung" von einfachem Schwarzschiefer durchsetzt. In Folge werden überall freie Alaunwerke gegründet. Im Jahre 1578 wird das päpstliche Alaun-Monopol durch den zum Protestantismus übergetretenen Bankier Horatio Palavicino endgültig hinfällig, als er den gesamten Vorrat, als auch die Exportrechte an die Niederlande verkauft.

  • 1580 _ Frankreich

    Der florentinische Alchimist und Apotheker Tombarelli eröffnet in diesem Jahr im französischen Grasse ein Laboratorium zur Gewinnung von Parfüm. Dies ist der Beginn der europäischen Parfümtradition und Grundstein der bis heute bekannten industriellen Massenproduktion von Duftstoffen.

  • 16. bis 19. Jahrhundert _ Europa

    Die Körperhygiene der Antike (z.B. die römische Badekultur), wie wir sie auch heute kennen, ist in der Zeit der großen europäischen Königshäuser verpönt und unerwünscht, da man fälschlicherweise annimmt, Wasser und Luft würden dem Körper durch Übertragung von Keimen schaden. Das Parfüm übernimmt die Funktion des Waschens (Desinfektion und Deodoration) während Puder die Haut vor Luftkontakt schützen soll.

  • 1833 _ Preußen (heute Polen)

    Im damals preußischen Breslau (heute Wrocław, Polen) entdeckt der Physiologe und Pathologe Jan Evangelista Purkyně 1833 die Schweißdrüsen.

  • 19. Jahrhundert _ Europa

    Mit Entdeckung diverser Krankheitserreger und dem Fortschreiten der Industralisierung beginnt sich die programmatische Hygiene, auch in den unteren Gesellschaftsklassen, durchzusetzen. Seife wird industriell hergestellt. Als einer der ersten, in größeren Stückzahlen produzierten "Schweißhemmer" fungiert Salmiakgeist oder Ammoniaktinktur (Ammoniumhydroxid).

  • 1825 _ Dänemark

    Dem Kopenhagener Wissenschaftler Hans Christian Ørsted gelingt es 1825 zum ersten Mal durch chemische Reaktion von Aluminiumchlorid und Kaliumamalgam reines Aluminium herzustellen. Aluminiumchlorid ist bis heute der wirksame Hauptbestandteil nahezu aller Antitranspirante. Das Metall Aluminium war theoretisch schon seit 1808 durch Sir Humphry Davy bekannt, dem es jedoch nie gelang es herzustellen.

  • 1888 _ USA

    In Philadelphia lässt ein heute leider unbekannter Erfinder das erste Trademark-Antiperspirant unter dem Namen "Mum" patentieren. Dabei handelt es sich um eine wachsartige Creme auf Basis von Zinkoxid. Ab 1941 wird das Produkt in großen Stückzahlen durch die Firma Bristol Myers unter dem Namen "Ban" vertrieben.

  • 1941 _ USA

    Mit dem US-Patent No. 2.230.084 vom 28. Januar 1941 lässt Dr. Jules Bernard Montenier in Chicago das erste Rezept für ein "modernes" Antitranspirant (auf Basis von AlCl) schützen. Die zuvor bereits erhältlichen Mittel mit reinem Aluminiumchlorid verbesserte er dahingehend, dass er lösliche Nitrile hinzufügte, um die typischen Hautreizungen zu mindern. Das von ihm vertriebene "Stopette Antiperspirant" war im Amerika der 1950er Jahre das mit weitem Abstand bekannteste Produkt dieser Art.

  • 1948 _ USA

    Ende der 1940er Jahre beginnt Helen Barnett Diserens, eine junge Chemikerin und Absolventin der University of Michigan ihre Forschungsarbeit bei der New Yorker Kosmetikfirma Bristol Myers (siehe auch oben). Inspiriert durch den gerade erst patentierten Kugelschreiber ("Ball-Pen"), entwickelt sie eine neue Applikationform für Antitranspirante und Deodorants: den Deo-Roller.

  • 1960 _ USA

    Mit "Right Guard"® führt der Konzern Gillette 1960 das erste Deodorant-Spray ein. Bis Mitte der 1970er Jahre gehören derartige Sprays zur beliebtesten Darreichungsform weltweit.

  • 1977 _ USA

    Im Jahre 1977 erlässt die FDA (US Food and Drug Administration) ein Verbot für aerosolförmige Antitranspirante (Sprays) mit Aluminiumzirkonium, da dieser Wirkstoff bei Inhalation als toxisch gilt. Feste Deo-Sticks und Deo-Roller beginnen sich nach diesem Verbot wieder durchzusetzen.

  • 1985 _ USA

    Angesichts des wachsenden Ozon-Lochs über der Arktis beschließt die EPA (US Enviromental Protection Agency) den Treibstoff FCKW (Fluorkohlenwasserstoff), welcher als Treibmittel in allen Deodorantsprays fungiert, zu verbieten. Durch das folgende weltweite Verbot verschwinden die meisten Deo-Sprays zunächst vom Markt (später wurde das FCKW durch Butan oder andere Gase ersetzt).

 

Hinweis: Im englischsprachigen Raum werden Deodorants regelmäßig als Antiperspirants, also als Antitranspirante [1] bezeichnet, sofern sie Aluminiumchlorid enthalten. Dies ist meistens der Fall. Die FDA deklariert deshalb Antiperspirants als drugs. Deodorants ohne schweißhemmende Wirkung, d.h. ohne AlCl gelten hingegen als cosmetics. Aus Verbrauchersicht ist dies wichtig, da drugs einer besonderen und regelmäßigen Prüfungspflicht durch die FDA unterliegen. Da sehr viele der in Europa erhältlichen Kosmetikprodukte aus den USA importiert, bzw. auf Lizenz hier produziert werden, profitiert auch der europäische Verbraucher von der strengen Überwachung durch die FDA. Nur in seltenen Einzelfällen wird eine Rezeptur für den hiesigen Markt abgeändert.

Im deutschprachigen Raum unterscheidet man eher grundlegend zwischen Produkten, die (vorwiegend) den Geruch regulieren sollen (Deodorants) und welchen, die (nur) den Schweiß reduzieren (Antitranspirant). Die Unterscheidung findet also mehr in Hinblick auf die Aufgabe, als auf die Inhalte statt. Obwohl viele Deodorants auch Aluminiumchlorid enthalten, werden trotzdem nur Mittel mit höheren AlCl-Dosierungen (10% oder mehr, meist ohne Parfümstoffe) als Antitranspirant bezeichnet. Eine exakte Klassifizierung analog zur US-amerikanischen FDA existiert in Europa nicht.

[1] Sowohl der Begriff Antitranspirant als auch die Ursprungswörter Transpiration und transpirieren bedeuten im Englischen etwas völlig anderes (Begriffe der Botanik). Das Schwitzen (Nomen/Tätigkeit) bezeichnet man ausschließlich als perspiration, bei weniger gehobener Wortwahl auch als sweat(ing).

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