Vererbtes Schwitzen (genetisch bedingte Hyperhidrose)

Sascha Ballweg

Die primäre Hyperhidrose ist in den meisten Fällen genetisch bedingt, das heißt, dass krankhafte Schwitzen wurde genetisch von den Eltern vererbt, jedoch möglicherweise auch generationsüberbrückend von den Großeltern, oder sogar den Urgroßeltern beider Elternteile. Da im Rahmen der ärztlichen Hyperhidrose-Behandlung und Ursachenforschung immer nach einer möglichen familiären Historie gefragt wird (z.B. in Anamnese-Fragebögen "Gab es in Ihrer Familie bereits Fälle von Hyperhidrosis?") ist die sogenannte genetische Prädisposition der Krankheit faktisch belegt.

Wissenschaftler gehen davon aus, dass bei rund 60 % der Betroffenen die Familienanamnese positiv ist. Allerdings dürfte die Dunkelziffer deutlich höher liegen, da vielen Befragten die Krankheit bis zu ihrer Diagnose unbekannt war und deshalb auch bei den eigenen Vorfahren nicht (bzw. nicht als Krankheit) zur Kenntnis genommen wurde. Dies gilt besonders für ältere Patienten, da die Krankheit in der Bevölkerung, und selbst im dermatologischen Umfeld, bis in die 1980er Jahre recht unbekannt war.

 

Wissenschaftliche Nachweise der Vererbbarkeit

Eine Studie der Saint Louis University School of Medicine, St. Louis, USA [1] hat belegt, dass bei es bei nahezu allen Fällen einer primären Hyperhidrose, welche vor dem 21. Lebensjahr auftrat, auch eine positive Familienanamnese gab.

Konkrete, DNA-spezifische Nachweise fanden sich bislang nur im Bereich der palmaren Hyperhidrose: Im Jahre 2006 bestimmten Wissenschaftler der Saga University in Japan [2], den sogenannten Genlocus, d.h. die physische Chromosomen-Position der Gene, welche die Prädisposition für eine Hyperhidrosis palmaris (krankhaft schwitzende Hände) bedingen. Leider ist damit noch lange nicht geklärt, welches Gen genau für diese Veranlagung verantwortlich ist. Es wurde lediglich bestimmt, an welcher Stelle eines Chromosomen-Stranges dieses noch unbestimmte Gen zu finden ist.

Ursachen und genaue Vererbungsmechanismen der Hyperhidrose sind also bis heute ebenso unerklärt wie die Krankheit selbst. Mediziner wissen bislang nur, dass sich die krankhafte Hyperaktiviät des Sympatikus (med. sympatische Regulationsstörung), welcher als Teil des vegetativen Nervensystems die Schweißdrüsenaktivität steuert, offensichtlich geschlechts- und generationsübergreifend vererbt.

Dadurch unterscheidet sich die primäre deutlich von der sekundären Hyperhidrose, welche nur als Symptom primärer Erkrankungen (z.B. Schildrüsenfehlfunktionen) auftritt. Eine Vererbung ist bei der sekundären Hyperhidrose nur indirekt möglich, beispielsweise in dem die schweißauslösende Grunderkrankung von den direkten Vorfahren geerbt wird.

 

Die Suche nach dem "Hyperhidrose-Gen"

Bereits seit 2005 sammelt das Team um den US-amerikanischen Gen-Forscher Dr. Robert D. Burk am Albert Einstein College of Medicine (New York) DNA-Proben von Freiwilligen mit Schweiß- oder Hyperhidroseproblemen. Über 1.500 Proben aus allen Teilen der USA sind bereits registriert worden. Sie stammen aus über 300 Familien mit Hyperhidrosehistorie und decken ein Altersspektrum von 3 bis 100 Jahre ab. Ziel des langfristigen Forschungsprojektes ist zunächst, mittels der DNA-Sammlung die genetische Vererbbarkeit einer Hyperhidrose, jedoch mit einer umfangreicheren Evidenzbasis als bisher, nachzuweisen. Hierfür wollen die Forscher noch weitere 6 Jahre lang Proben sammeln. Nach Abschluss der DNA-Erhebung soll das verantwortliche Gen bestimmt werden. Dies wird jedoch ein langwieriger und schwieriger Prozess werden, der erst in vielen Jahren oder gar Jahrzehnten abgeschlossen sein wird. [3]

 

[1] George MN, Glaser DA.  "Epidemiology of Hyperhidrosis" at Saint Louis University. 
Am Acad Dermatol Annual Meeting, New Orleans February, 2005

[2] Am J Med Genet A. 2006 Mar 15; 140(6):567-72.
"Primary palmar hyperhidrosis locus maps to 14q11.2-q13"
[3] Dres. D. Burk, R. D., Keller S. M.; Albert Einstein College of Medicine of Yeshiva University

 


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