„Entgiftung“, „Entschlackung“ sowie das aus dem Englischen übernommene „Detox“ sind populäre Gegenwartsbegriffe der sogenannten „alternativen Medizin“. Es erscheint logisch, dass unser Körper der alltäglichen Umweltbelastung dadurch begegnen will, aufgenommene und eingelagerte Giftstoffe möglichst schnell wieder abzustoßen. Freilich tut er dies, in dem er schädliche Stoffe durch Leber und Niere filtert, abbaut und anschließend als Urin bzw. Kot ausscheidet. Glaubt man der Alternativmedizin, reicht das allein nicht aus.

Angeblich lagern sich Schad- und Abfallstoffe (Schlackenstoffe) überall (besonders in den Lymphknoten) an, bis der Körper irgendwann die akkumulierten Gifte über die Haut, d.h. Schweißdrüsen ausstoßen kann. Eine regelrechte „Entgiftungs-Industrie“ bietet hunderte von z.T. haarsträubenden Methoden zur „Ausleitung“ an. In diesem Zusammenhang stößt man auch immer wieder auf den vermeindlichen Leitspruch Schwitzen ist lebenswichtig, denn es dient der Entgiftung!„.

Man ist spontan versucht, dieser Behauptung Glaube zu schenken, denn das Internet ist voll von Beiträgen und Angeboten zu diesem Thema. Tatsache ist aber, dass diese Form der Entgiftung wissenschaftlich, d.h. biologisch und medizinisch gesehen völliger Unsinn ist. Der Mensch scheidet keine relevante Menge an Giftstoffen über die Schweißdrüsen aus [1]

Viel schwitzen, doch die Giftstoffe bleiben …

Wer „Gesundheitsratgebern“ wie z.B. „Detoxify or Die“ (dt. „Entgifte oder stirb“) oder den unzähligen Aussagen im Internet vertraut, kann gut und gerne einige Tausend Euro für „Selbstentgiftungen“ ausgeben.

Eine Infrarot-Kabine (Infrarot-Sauna) zum Beispiel soll jeden „Betroffenen“ zum Schwitzen zu bringen, um die angebliche Entgiftung bzw. Entschlackung anzuregen. Für rund 5.500 Euro bekommt der Käufer eine Art überdimensionalen Backofen mit Rotlichtlampen, der gleich mehrere positive Effekte verspricht: Durch das Schwitzen würden nicht nur Giftstoffe „ausgeleitet“, auch das Gewicht könne man dadurch reduzieren und Schmerzen lindern (?), so jedenfalls verkünden es die Werbetexte vollmundig.
Der Hersteller den wir hier nicht namentlich nennen wollen behauptet beispielsweise, „Schweiß befördert die Giftstoffe aus Ihrem Körper und scheidet sie über die Poren aus.“ [2] und der Pressesprecher der Firma sagt dazu, das Schwitzen spüle Pestizide und industrielle Chemikalien aus, besonders effektiv sei es für die Ausscheidung von Blei, Quecksilber und Arsen. [3] Zwar behauptet die Firma nicht, durch die Benutzung ihrer Saunen würden ganz konkrete Krankheiten vermieden, doch der Pressesprecher gibt an, er selbst wäre seit Jahren nicht mehr erkältet gewesen.

Wissenschaftliche Sicht der Dinge

Schweißsekret enthält nur minimalste Spuren von Giftstoffen,“ sagt Dr. Dee Anna Glaser, Professorin für Dermatologie an der St. Louis University, USA und Gründungsmitglied der International Hyperhidrosis Society [4], einer Gruppe von Medizinern, die sich der Studie und Heilung von starkem Schwitzen (Hyperhidrose) verschrieben haben. „Schwitzen hat nur eine einzige Aufgabe: Den Körper zu kühlen damit er nicht überhitzt.“ so die Dermatologin. „Schwitzen hat keine weiteren Vorteile, selbst starkes Schwitzen wird keine große Mengen Giftstoffe ausleiten.“ Im Gegenteil: Starkes Schwitzen beeinträchtig sogar die Entgiftungsmechanismen des Körpers, nämlich die Funktion von Leber und Niere. Dies sind die einzigen Organe, auf die wir bei der Entgiftung zählen können, nicht die Schweißdrüsen. „Wer zu wenig trinkt, um starken Schweißverlust auszugleichen, riskiert eine Schädigung der Nieren durch Dehydration. Wer nicht vorsichtig ist, für den kann exzessives Schwitzen sogar schädlich sein.

Schwitzen hilft dem Körper in keinster Weise, Quecksilber oder sonstige Metalle loszuwerden,“ bestätigt Donald Smith, Professor für Umweltgifte an der UC Santa Cruz, USA. „Alle toxischen Metalle werden durch Urin und Kot ausgeschieden, weniger als 1% durch den Schweiß.“ so Smith, der viele Studien zur möglichen Ausscheidung von Metallbelastungen erforscht hat. Zu den Infrarot-Saunen hat er eine klare Meinung: „Quatsch!“

Der Hersteller der Infrarot-Kabinen sagt dagegen, er kenne solche Kommentare. „Traditionalisten mögen das albern finden, aber wir haben schon tausende Saunen verkauft …„.
Realisten, die mit beiden Beinen auf den Erkenntnissen der Wissenschaft stehen, als Traditionalisten zu betiteln und mit Verkäufen zu argumetieren greift unserer Ansicht in nach in einer aufgeklärten Gesellschaft zu kurz.

Woraus besteht Schweiß?

Tatsächliche Bestandteile des Schweißes:

Die Zusammensetzung des Sekretes ist von persönlicher Konstitution, der Umgebungstemperatur, dem Akklimatisationszustand und der Arbeitsleistung sowie bedingt der Ernährung abhängig [5].

Im Allgemeinen sind im menschlichen Schweiß folgende Stoffe enthalten:

  • Wasser (ca. 99 %)
  • Natriumionen, Elektrolyt (45 mmol/l)
  • Chloridionen, Elektrolyt (58 mmol/l)
  • Kaliumionen, Elektrolyt (7,5 mmol/l)
  • weitere anorganische Salze

In sehr geringer Konzentration enthält das Schweißsekret außerdem:

  • langkettige Fettsäuren
  • Aminosäure
  • Dermcidin
  • Ammoniak
  • Zucker
  • Milchsäure
  • Ascorbinsäure (Vitamin C)
  • Harnstoff
  • Harnsäure
  • Cholesterin

Die restlichen anorganischen Stoffe sind in einer nicht nennenswerten Menge enthalten.

Ausnahmen

Nur bei schwerer Erkrankung oder Ausfall von Leber und Niere kann es vorkommen, dass sogenannte urinpflichtige Stoffe über die Haut ausgeschieden werden. Zum Beispiel verfärbt sich die Haut bei einer Ikterus-Erkrankung (z.B. durch Hepatitis A) gelblich („Gelbsucht“). Bei der sehr seltenen Krankheit Trimethylaminurie wird das fischig riechende Stoffwechselprodukt Trimethylamin auch über den Schweiß abgegeben.

  1. Woolston C. „You sweat, but toxins likely stay“, Los Angeles Times, 01/28 2008

  2. Sweat carries toxins out of the body and pushes [them] out of the pores.

  3. Heavy sweating washes away pesticides and industrial chemicals but is especially effective in removing heavy metals such as lead, mercury and arsenic.

  4. International Hyperhidrosis Society – www.sweathelp.org

  5. Der menschliche Körper passt die „Schweißrezeptur“ den Begebenheiten an. Bei starkem Schwitzen reduziert er automatisch den Elektrolytgehalt, damit sich der Verlust dieser in Grenzen hält.